In seinem am 7. September 2022 veröffentlichten Positionspapier geht der Landesjugendring Schleswig Holstein auf den Landtagsbeschluss ein und legt anschließend Vorschläge zum weiteren Vorgehen vor.
Der Landesjugendring würde eine umfassende jugendpolitische Strategie begrüßen, die diverse Themenfelder wie Freizeit und Ehrenamt, Schule und Ausbildung, Digitalisierung, Wohnen, Mobilität, Nachhaltigkeit und viele andere einbezieht. Hier erwartet der Landesjugendring von der Landesregierung eine Erweiterung der Beschlussfassung über Jugendbeteiligung hinaus auf Themenfelder.
Jugendbeteiligung und Interessensvertretung
- Der Landesjugendring unterstützt das Anliegen, die bestehenden Beteiligungsmöglichkeiten zu stärken. Darüber hinaus fordert der Landesjugendring zusätzlich den Ausbau weiterer formaler Verpflichtungen (z.B. Verbandsklagerecht zu §47f GO) und Schaffung neuer formaler und informeller Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu seien landesweit zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen notwendig.
- Vorrangiges Ziel von Jugendbeteiligung aus Sicht des Landesjugendrings ist es, allen jungen Menschen zu ermöglichen, sich entsprechend der eigenen Interessen zu beteiligen und einzubringen und dadurch Selbstwirksamkeit zu erleben – sei es über ein Jugendparlament, Projekte, den jeweiligen Jugendverband oder -ring oder andere Beteiligungsformen.
- Der Landesjugendring plädiert für einen differenzierteren Blick auf Jugendbeteiligung. Er fordert die Landespolitik auf, den Beschluss zu erweitern und auch Qualitätsstandards für echte Jugendbeteiligung anzulegen. Dazu zählen bspw. die Übertragung von Entscheidungsmacht, ein Lebensweltbezug der Themen und die Herstellung von Augenhöhe/Gleichwertigkeit der Stimme.
- Aus fachlichen Gründen lehnt der Landesjugendring die Einrichtung eines Parlaments aktuell ab. Statt der Verengung der Diskussion auf ein Format sollte aus Sicht des LJR Jugendbeteiligung in ihrer Breite in Schleswig-Holstein in den Mittelpunkt rücken. Eine Reduzierung auf das Formate einer Jugendvertretung im Landtag könnte laut LJR dazu führen, dass viele junge Menschen ausgeschlossen werden und Beteiligungsmöglichkeiten thematisch sowie in Bezug auf das Verfahren stark eingegrenzt sind. Zudem sei zu klären, wir die Jugendvertretung legitimiert werden könne, beispielsweise durch Wahlen oder ein Delegiertenprinzip.
Die geplante Entwicklung einer Strategie begrüßt der Landesjugendring ausdrücklich und macht dazu konkrete Vorschläge.
Entwicklung eines Jugend-Checks
Für den Landesjugendring sind wichtige Anforderungen an den Jugend-Check:
- die verbindliche gesetzliche Verankerung des Checks, um im Sinne einer regelhaften Anwendung innerhalb von Gesetzgebungsverfahren bzw. politischen Entscheidungsprozessen dauerhaft und nachhaltig wirksam zu sein,
- die ressortübergreifende Anwendung und Sicherstellung, dass Gesetzgebung nicht am Jugend-Check vorbeiläuft,
- ein unabhängiges Prüfgremium, das die Anwendung begleitet,
- eine externe Arbeitsstelle, die nicht in Verwaltung angesiedelt ist, führt den Jugend-Check durch.
Beteiligung vor Ort stärken
- Der Landesjugendring fordert von einer landesweiten Strategie zur Jugendbeteiligung, dass sie sich vorrangig an den Interessen von Jugendlichen und ihrer Lebenswelt orientiert.
- Der Landesjugendring hält es daher für notwendig, bei einer landesweiten Beteiligungsstrategie vorrangig die Beteiligung vor Ort zu stärken.
- Die Einrichtung von Regionalstellen für Jugendbeteiligung mit Unterstützung durch das Land sollte eine flächendeckende Beteiligungsstruktur ermöglichen. Diese Regionalstellen müssen bei freien Trägern (z.B. Kreisjugendringen) angesiedelt werden, um zu gewährleisten, dass Mitarbeiter:innen politisch unabhängig agieren können.
Weitere Forderungen des Landesjugendrings zur Stärkung der Jugendbeteiligung umfassen:
- die Einführung eines Verbandsklagerechts bei Verstößen gegen §47f der GO, da diese bisher keine Folgen nach sich ziehen,
- die ausreichende Förderung von Angeboten der verbandlichen und offenen Jugendarbeit. Jugendarbeit ist in vielen Fällen Träger von Beteiligungs- und Demokratieprojekten und besitzt Zugangsmöglichkeiten zu Jugendlichen, die bisher noch zu wenig Selbstwirksamkeit erleben konnten. Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie und ermöglichen durch Wahlen ebenso wie durch Erleben von Aushandlungsprozessen und Selbstorganisation Partizipation von Anfang an.
- Die Stärkung der Mitwirkung von Schüler:innen muss mit höherer Dringlichkeit verfolgt, mit Ressourcen ausgestattet und von qualifizierten Kräften begleitet werden. Dies betrifft sowohl die Unterstützung der Schüler:innenvertretungen als auch die Gestaltung eines demokratischen Lebensraums, in dem alle Schüler:innen mitwirken können, insbesondere auch bei der Weiterentwicklung von Ganztagsangeboten.
- die Unterstützung der Beteiligungsprojekte/Jugendbeiräte etc. auf kommunaler Ebene mit ausreichender personeller Hilfe durch Fachkräfte der Jugendbeteiligung und ausreichende finanzielle Ausstattung,
- mehr Seminare wie „Fit für Mitbestimmung“ an Schulen und darüber hinaus,
- regelmäßige Fortbildungsangebote zur Jugendbeteiligungen für Verwaltung und Gemeindevertretungen, die sowohl vor Ort als auch in der Ausbildung stattfinden.
Das ausführliche Positionspapier mit detaillierten Vorschlägen für eine jugendpolitische Strategie ist online hier (pdf) verfügbar.
Quelle: Landesjugendring Schleswig-Holstein, September 2022