Der Jugend-Check – ein Instrument für die Landespolitik?
Hanna Willwacher & Rebecca Romes, Kompetenzzentrum Jugend-Check
Zu diesem Beitrag gibt es eine ergänzende Präsentation mit einem vertiefenden Praxisbeispiel, welche hier (PDF) abgerufen werden kann.
Was ist der Jugend-Check?
Jugend ist eine eigenständige Lebensphase mit spezifischen Herausforderungen und besonderen Merkmalen. Gleichzeitig werden deren Besonderheiten in politischen Prozessen oft wenig berücksichtigt. Dabei können Gesetze aus allen Politikfeldern beabsichtigte als auch nicht beabsichtigte Auswirkungen auf junge Menschen haben. Hier setzt die Idee des Jugend-Checks an: Die Auswirkungen von Gesetzen auf junge Menschen sollen frühzeitig erfasst und veröffentlicht werden. Die Idee eines Jugend-Checks entstand im Kontext der Diskussion um eine Eigenständige Jugendpolitik. Als Auftrag aus dem Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode, wurde der Jugend-Check gemeinsam mit jugendpolitischen Expertinnen und Experten, dem Bundesjugendministerium (BMFSFJ) sowie dem Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation (InGFA) entwickelt. Seit August 2017 wird der Jugend-Check vom „Kompetenzzentrum Jugend-Check (KomJC)“ durchgeführt. Das KomJC ist ein Projekt des Deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung (FÖV).
Das KomJC prüft Gesetzesvorhaben der Bundesregierung auf ihre Auswirkungen auf junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren. Als Instrument der Gesetzesfolgenabschätzung macht der Jugend-Check ressortübergreifend darauf aufmerksam, wo und wie Gesetze aus unterschiedlichen Bereichen junge Menschen betreffen können. Anhand eines Prüfrasters aus sechs Lebensbereichen und elf Wirkdimensionen werden Auswirkungen systematisch erfasst.
Begleitet und beraten wird das KomJC durch den Fachbeirat Jugend-Check, in dem Expertinnen und Experten für die Lebensbereiche und Lebenslagen junger Menschen vertreten sind.
Wie funktioniert der Jugend-Check?
Prüfen & Sensibilisieren
Das KomJC prüft Gesetzesvorhaben im Stadium des Referentenentwurfs. Mit Start der Länder- und Verbändeanhörung erhält das KomJC Gesetzentwürfe, an denen das BMFSFJ mitberatend ist. Darüber hinaus betreibt das KomJC ein eigenes Monitoring zu Gesetzesvorhaben, um auch auf Entwürfe aufmerksam zu werden, an denen das BMFSFJ nicht mitberatend ist. Stellt das KomJC eine Jugendrelevanz fest, wird ein Jugend-Check verfasst und durch das BMFSFJ in die Ressortabstimmung eingebracht. Seit Regierungsbildung im März 2018 hat das KomJC insgesamt 284 Gesetzentwürfe geprüft. Dazu wurden 63 Jugend-Checks sowie 17 Aktualisierungen zu Kabinettsentwürfen auf der Webseite des KomJC veröffentlicht.
Weiterentwicklung
Der Jugend-Check ist kein Beteiligungsinstrument. Dennoch legt das KomJC großen Wert darauf, junge Menschen in die Weiterentwicklung des Prüfinstruments mit einzubeziehen. Das KomJC führt dazu jugend-audits mit jungen Menschen aus ganz Deutschland durch. Die Ergebnisse der Audits werden ausgewertet und für die weitere Arbeit berücksichtigt. Die Berichte zum jugend-audit #1 und #2 sind auf der Webseite des KomJC veröffentlicht. Darüber hinaus bietet das KomJC auch eine jugendspezifische Folgenabschätzung unter Jugendbeteiligung an. Dies ist möglich, wenn ein Ressort im Rahmen der Erarbeitung eines Vorhabens eine frühzeitige partizipative Beratung anfragt.
Beratung
Nach rund zwei Jahren aktiver Prüfung von Gesetzesvorhaben lassen sich für das KomJC und den Jugend-Check sichtbare Erfolge verbuchen. Der Jugend-Check erfährt eine immer größere Aufmerksamkeit. So wird er konkret von Fachreferaten aus Ministerien angefragt und wurde bereits in Regierungsentwürfen berücksichtigt. Der Jugend-Check ist darüber hinaus Bestandteil der Gemeinsamen Jugendstrategie der Bundesregierung, die im Dezember 2019 verabschiedet wurde. Der Jugend-Check kann als Instrument vor allem durch eine neutrale und wissenschaftliche Folgenabschätzung ohne politische Bewertung überzeugen. Neben der Prüfung von Gesetzesvorhaben informiert das KomJC zu jugendgerechter Gesetzgebung sowie zum Instrument Jugend-Check. Dazu finden Austausch und Zusammenarbeit mit der politischen Ebene in Bund und Ländern sowie mit der Fachöffentlichkeit statt. Mit Bundesländern, die über die Einführung eines Jugend-Checks auf Landesebene nachdenken, besteht ein enger Austausch.
Der Jugend-Check – ein Instrument für die Landesebene?
Die Erfahrungen auf Bundesebene können wichtige Hinweise für eine mögliche Umsetzung auf Landesebene bieten. Dabei müssen Entscheidungen für eine Umsetzung getroffen werden, die bundeslandspezifische Besonderheiten berücksichtigen. Wird die Einführung eines Instruments wie dem Jugend-Check auf Landesebene erwogen, sollten zunächst folgende Fragen geklärt werden:
Soll die Folgenabschätzung intern oder extern erfolgen?
Interne Variante: Eine Folgenabschätzung wird durch die administrative Ebene, z.B. ein Ministerium, durchgeführt. Externe Variante: Bei einer externen Variante, wie auf Bundesebene, wird eine unabhängige Struktur geschaffen, die z.B. an einer Forschungseinrichtung angegliedert sein kann.
Wer sind die Adressatinnen und Adressaten des Instruments?
Antworten müssen auch darauf gefunden werden, wer die adressierten Personen einer Gesetzesfolgenabschätzung für die Jugend sein sollen, da dies Einfluss auf die Ausgestaltung und die verwendete Sprache hat. Adressierte können z.B. Ministerialverwaltungen, Parlamente, die Fachöffentlichkeit oder junge Menschen sein.
Welche Entwürfe sollen geprüft werden?
Zu entscheiden ist auch, welche Entwürfe geprüft werden sollen. Auf Landesebene können dies neben Gesetzentwürfen auch Verordnungen oder etwa Programme sein. In diesem Zusammenhang ist auch die Zuleitung von Entwürfen von Bedeutung: Um möglichst frühzeitig im Gesetzgebungsverfahren eingebunden zu sein, müssen Gesetzesvorhaben zugänglich sein.
Sollen junge Menschen beteiligt werden?
Auch muss entschieden werden, ob junge Menschen auf Landesebene in die Erstellung einer Folgenabschätzung mit einbezogen werden sollen. Dies hängt unter anderem von den Zeitläufen und personellen Ressourcen ab. Eine Einbeziehung kann z.B. über Partizipationsveranstaltungen oder Befragungen erfolgen. Zu bedenken ist, dass Zeit im Gesetzgebungsverfahren eine knappe Ressource ist. Sollen junge Menschen beteiligt werden, müssen Gesetzesvorhaben jugendgerecht aufbereitet, sinnvolle Verfahren zur Partizipation geschaffen und Rückmeldungen auch ausgewertet werden. Weiterhin besteht die Möglichkeit, junge Menschen in die Entwicklung und Weiterentwicklung des Instruments einzubeziehen, wie dies auf Bundesebene erfolgt.