Die Jugendstrategie JES ist bereits ein etabliertes jugendpolitisches Instrument. Wie ist sie entstanden und welche Aktivitäten sind daraus erwachsen?
Das Jugendministerium Rheinland-Pfalz hat sehr gerne die bundesweiten Impulse zur Neupositionierung der Jugendpolitik und zur Eigenständigen Jugendpolitik aufgegriffen. Wir haben diese zum Anlass genommen, mit den großen Kooperationspartner*innen im Land, dem Landesjugendamt, dem Landesjugendring, der Liga der freien Wohlfahrtspflege, den Jugendämtern und der Sportjugend eine Programmatik zu entwickeln, die die jungen Menschen wieder dezidiert in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt. Ergebnis dieses Diskussionsprozesses ist die Landesjugendstrategie „JES! Jung. Eigenständig. Stark“. Diese umfasst drei fachpolitische Ziele, und zwar die Befähigung und Unterstützung der jungen Menschen zur Teilhabe in der Gesellschaft, die Absicherung und der Ausbau der Erfahrungs- und Freiräume und die nachhaltige Beteiligung der jungen Menschen in allen Bereichen, die ihre Lebensinteressen berühren. Der Ministerrat Rheinland-Pfalz hat Ende 2014 die Landesjugendstrategie „JES!“ verabschiedet und damit ein starkes Zeichen gesetzt für eine zukunftsfähige Jugendpolitik. Dadurch wurde nochmal deutlich, dass Jugendpolitik keine Randerscheinung ist, sondern Jugendpolitik auf die politische Agenda gehört, Jugendpolitik hat im Mittelpunkt zu stehen.
In welchen Handlungsfeldern findet die Umsetzung von JES statt?
Die Ausstattung der Jugendstrategie „JES“ mit bis zu 3 Millionen Euro ermöglichte die Jugendstrategie im Land umzusetzen. Wir konnten mit dem Geld in den letzten Jahren unter anderem 5 neue Förderprogramme entwickeln und landesweit umsetzen. Damit konnten wir die Kommunen, die Jugendverbände und die freien Träger unterstützen, neues Personal einzustellen, jugendpolitische Strategien vor Ort zu entwickeln und Projekte durchzuführen. Die fünf Förderprogramme beziehen sich auf die mobile Jugendarbeit im ländlichen Raum, die aufsuchende Jugendsozialarbeit, den Bereich der Beteiligung junger Menschen in ihren Kommunen, den Bereich Politischer Bildung und Demokratieförderung und den Bereich der Entwicklung und Weiterentwicklung der kommunalen Jugendstrategien.
Was konnten Sie mithilfe der Jugendstrategie in den letzten Jahren erreichen?
Ich versuche es einmal auf fünf wichtige Punkte zu bringen. Wir erreichen jährlich im engeren Sinne der Jugendstrategie um die 120.000 junge Menschen. Wir haben es geschafft, gerade im Bereich der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit 40 neue Fachkräftestellen in Kommunen und bei freien Trägern zu fördern. Im Jahr 2021 wird es möglich sein, nochmal bis zu 20 neue Stellen zu fördern. Des Weiteren haben wir 168 Fachkräftestellen im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendsozialarbeit absichern können. Außerdem haben wir 2020 innerhalb eines halben Jahres das Ehrenamtsgesetz in der Jugendarbeit novellieren können, sodass künftig der Verdienstausfall für Menschen im Ehrenamt nochmal deutlich erhöht werden kann.
Wir haben in Rheinland-Pfalz mit der Jugendstrategie „JES! Jung. Eigenständig. Stark“ ganz klar die Jugend und die Jugendpolitik in den Mittelpunkt gestellt und wir werden auch alles dafür tun, dass die Jugendarbeit und die Jugendsozialarbeit als öffentliche Daseinsvorsorge gesehen und entsprechend finanziell auch abgesichert werden.
Die Strategie JES schafft die Rahmung für Aktivitäten im ganzen Land. Wie wird dabei die kommunale Ebene aktiviert, sich für Jugendbelange einzusetzen?
Wenn ich den Blick auf die Kommunen, die freien Träger, die Verbände richte, dann ist es wichtig zu sagen, dass die Jugendstrategie „JES“ tatsächlich eine große Bewegung im Land bedeutet. Beispielsweise wurden in den Jugendhilfeausschüssen, den Stadträten, den Stadtparlamenten und den Landkreistagen Beschlüsse zu den Programmen getroffen. Das Tolle ist, dass diese Beschlüsse mehr oder weniger einstimmig gefällt worden sind. Insgesamt sind in ganz Rheinland-Pfalz, Land auf Land ab, wichtige jugendpolitische Diskussionen zustande gekommen. Die kommunalen Entwicklungen, die Entwicklungen bei den freien Trägern und bei Verbänden wird auf Landesebene weiter gerahmt. Das bedeutet, dass wir in den letzten Jahren immer wieder jugendpolitische Entschließungsanträge im Parlament eingebracht haben, welche vom Landtag beschlossen worden sind. Wir hatten auch aktuelle Stunden zur Jugendpolitik und eine große Anhörung zum Bereich der Jugendpolitik mit Expert*innen. Jugendpolitik spielt im Landtagsausschuss kontinuierlich eine große Rolle. Zudem begleiten wir den jugendpolitischen Prozess und die Jugendstrategie mit einem Monitoringprozess zusammen mit der Servicestelle Kinder und Jugend. Zum einen unterstützt dieser Monitoringprozess die Träger im kommunalen Bereich, die freie Kinder- und Jugendhilfe mit Workshops, landesweiten Tagungen und Beratungen. Zum anderen ist dieser Prozess für uns als Ministerium sehr wertvoll, da wir so wichtige Erkenntnisse darüber erlangen, wo wir nachsteuern müssen, um die Jugendstrategie dementsprechend weiterentwickeln zu können. Die Strategie ist kein Status quo, sondern ein Prozess.
Wie nehmen Sie die jugendpolitischen Aktivitäten in anderen Bundesländern und auf Bundesebene wahr?
Ich möchte zum Schluss einen kurzen Blick darauf werfen, wie die Jugendpolitik sich bundesweit entwickelt mit Blick auf die anderen Bundesländer. Egal ob auf Bundesebene oder in den Bundesländern, überall ist ein unglaublich hohes Engagement zu spüren, um die Jugendpolitik weiter umzusetzen und Eigenständige Jugendpolitik zu etablieren. Rheinland-Pfalz macht es mit der Jugendstrategie „JES!“, andere Länder haben andere Jugendstrategien oder jugendpolitische Impulse. Aber das Wichtigste ist, dass wir alle ein gemeinsames Ziel haben: Wir wollen alles dafür tun, dass die jungen Menschen zu starken und kritikfähigen jungen Menschen werden und als starke Bürger*innen unsere Gesellschaft mitgestalten.
Zur Person
Lucia Stanko ist Leiterin des Referates für Jugendpolitik, Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und Partizipation im Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz in Rheinland-Pfalz.
Das Interview wurde am 02.02.2021 in Mainz geführt. Es ist im Rahmen eines Filmprojekts von jugendgerecht.de entstanden, bei dem aktuelle jugendpolitische Entwicklungen in Deutschland portraitiert werden.